09.06.2019

Mensch - guck nach mir!

cat-Miau.jpgDie meisten Katzenhalter kennen das: Es ist Wochenende, Zeit, um mal in Ruhe auszuschlafen. Kater Tiger ist anderer Meinung. Er sitzt (noch) leise miauend vor dem Bett.
Natürlich habe ich ihn gehört, tue aber so, als merke ich es nicht. „Ok, da muss ich wohl deutlicher werden“, denkt sich Tiger und springt auf die Bettdecke, natürlich direkt auf mich drauf. Schwer zu ignorieren, trotzdem stelle ich mich schlafend. Tiger hat mich längst durchschaut und sein Miauen wird vehementer und fordernder.

Gut, du hast gewonnen, ich stehe auf und füttere ihn, damit ich noch ein bisschen meine Ruhe habe.

Hier kann ich natürlich noch mehr Beispiele bringen wie das ausdauernde Miauen zum Öffnen der Zimmer- oder Terrassentür oder energisches Maunzen als Aufforderung zum Spielen, wenn Sie gerade mit anderen Dingen beschäftigt sind. Sie kommen nach Hause, hatten einen anstrengenden Tag – natürlich möchten Sie Ihrer Mieze etwas Gutes tun. Paulchen maunzt lautstark, ist sehr aufgeregt. Sie beugen sich zu ihm und streicheln ihn.

Alles ganz normale Szenen aus dem Katzenalltag, die auch nicht wirklich stören. Wenn wir ehrlich sind, wissen wir auch genau, dass wir unsere Katzen gerne verwöhnen und finden es manchmal auch charmant, wenn sie uns mit ihrem Rufen auf sich aufmerksam machen.

Unsere heutigen Katzen haben einen geringeren Wildtieranteil als ihre Vorfahren und können es sich leisten, ihr kindliches Verhalten auch als Erwachsene beizubehalten, da sie in menschlicher Obhut nicht um ihr tägliches Überleben kämpfen müssen. Insbesondere Wohnungskatzen, aber auch Katzen, die einen gesicherten Freilauf genießen, sind viel weniger Gefahren ausgesetzt. Wir Menschen als „Katzeneltern“ übernehmen die Aufgaben der Katzenmutter und umsorgen und pflegen unsere Lieblinge (oft ein bisschen zu viel). Schnell lernen die kleinen „Gauner“ wie sie uns auf ganz charmante Art und Weise um den Finger wickeln können.

Jeder Katzenhalter ist anders – was den einen stört, ist für den anderen noch lange kein Problem.

Mein Augenmerk gilt daher den Situationen, die sich im Laufe der Zeit extrem ausgeweitet haben. Ich habe in meinen Beratungen einige Fälle, in denen die Katzen ihren Besitzern fast keine ruhige Minute mehr lassen. Hier ist der Leidensdruck so stark, dass die Halter nachts nicht mehr in Ruhe schlafen können und auch die Abgabe der Samtpfote wir manchmal in Erwägung gezogen.

Für beide Parteien ist dies sehr stressig, die betroffenen Miezen sind unruhig, laufen oft rastlos, permanent miauend durch die Wohnung, die Halter sind genervt und reagieren oft ungehalten, was das Problem noch verschlimmert.

Im Übrigen ist dieses Verhalten nicht ausschließlich ein Phänomen der Einzelhaltung. Wenn Sie mit einer Katzengruppe zusammenleben, gibt es oft einen Initiator, der forsch und selbstsicher seine „Arbeit“ erledigt. Die anderen schauen entweder zu oder mischen mit.

So kann es dann schnell zu einem Maunzkonzert kommen, das je nach Intensität schon an den Nerven zerren kann.

Wie bei allen Verhaltensauffälligkeiten ist es auch hier wichtig, dass Sie zuerst den Gesundheitszustand Ihrer Katzen bei Ihrem Tierarzt abklären lassen. Nicht immer hat ein solches Verhalten ausschließlich einen psychischen Hintergrund. Es gibt auch ernste Erkrankungen, die zugrunde liegen können. Möglicherweise leidet Ihr Liebling unter Schmerzen oder sonstigen Empfindungsstörungen.

Ähnlich verhält es sich auch bei alten Katzen. Durch die heutige gute medizinische Versorgung werden unsere Fellnäschen immer älter. Das erhöht auch das Risiko für Zivilisationskrankheiten und leider können auch Katzen an Demenz erkranken. Betroffene Miezen zeigen häufig Desorientierung und Verwirrtheit, oft nachts. Evtl. hört Ihr Stubentiger auch schlechter. Hier kann es helfen, wenn Sie ihn beim Namen rufen oder auf das Miauen kurz antworten.

In den meisten Fällen handelt es sich bei diesem vehementen Miauen und dem oft begleitenden rastlosen Umherlaufen jedoch um Aufmerksamkeit forderndes Verhalten. Im Gespräch mit den Katzenhaltern stellt sich meist schnell heraus, dass das Problem hausgemacht ist. Wie anfangs schon erwähnt, fängt alles ganz harmlos an und wird den Besitzern erst wirklich bewusst, wenn die Nerven schon ziemlich blank liegen. Hier reicht dann oft der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen – sprich – die Dosenöffner zum Ausrasten bringt.

Hier ist Hilfe dringend nötig!

Bevor überhaupt mit einem Verhaltenstraining begonnen werden kann, sollten Sie unbedingt Ihr eigenes Verhalten reflektieren:

- In welchen Situationen genau sind Sie bisher auf das fordernde Verhalten Ihrer Katze eingegangen?

- Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Gibt es feste Rituale?

- Bekommt Ihre Katze wirklich die Zuwendung in Form von Spielen und/oder Streicheln und Schmusen, die sie benötigt?

- Hat Ihr Stubentiger vielleicht Langeweile?

- Wenn Ihr Fellnäschen Ihnen nachts den Schlaf raubt: Hat es evtl. einfach nur Hunger?

- Wichtig im Mehrkatzenhaushalt:

Werden Sie den Bedürfnissen jeder einzelnen Katze gerecht oder fühlt sich eine vielleicht vernachlässigt, ohne, dass Ihnen das bisher aufgefallen ist?

Bedenken Sie, dass eine Katze viel Zeit benötigt, bei zwei oder mehreren Katzen ist der Zeitaufwand entsprechend höher.

- Wie sieht es mit Beschäftigung aus, wenn Sie nicht zu Hause sind?

- Hilfreich ist das Führen eines Tagebuchs.

Das sind nur einige der Fragen, die sich vorab stellen sollten.

Das weitere Vorgehen

Zusätzlich zu den o. g. Fragen, die Sie intensiv durchdenken und betreffend Ihrer individuellen Situation umsetzen sollten, ist es notwendig, das fordernde Miauen Ihrer Samtpfote zukünftig konsequent zu ignorieren. Das bedeutet im Einzelnen: Sie dürfen Ihre Katze weder ansehen, ansprechen noch anfassen! Wie schwer das oft ist, kenne ich nur zu gut aus eigener Erfahrung. Hier kann es helfen, wortlos den Raum zu verlassen, wenn Sie die Situation nicht aussitzen können.

Unterschätzen Sie bitte Ihre Fellmonsterchen nicht, denn sie sind Weltmeister im Konsequent-Sein und schaffen es mühelos, stundenlang vor Ihnen zu sitzen und mit wehleidigem Blick zu miauen. Ihre Nerven werden vor allem zu Beginn auf eine harte Probe gestellt.

Zudem stellt das Ignorieren für die Katze eine nicht unbedeutende Bestrafung dar, die zu Frustration führt. In der Folge verschlimmert sich zum einen anfangs das Miauen, zum anderen kann hier je nach Persönlichkeit der Samtpfote, aggressives Verhalten auftreten.

Des Weiteren sollten Sie versuchen, jedes ruhige Verhalten mit Zuwendung zu belohnen.

Was sich theoretisch hier jetzt verständlich anhört, ist in der Realität bei diesem extremen Verhalten leider nicht so ohne Weiteres umzusetzen. Daher gehören solche Fälle immer in professionelle Hände.

Je länger Ihre Katze dieses Verhalten schon zeigt, umso schwieriger und langwieriger gestaltet sich das Training und ist meistens lebenslang eine Herausforderung.

Bei manchen einzeln gehaltenen Katzen kann eine zweite Katze hilfreich sein. Ich betone hier bewusst das Wort KANN! Es ist immer von der jeweiligen Situation und der Katze abhängig und ich rate dringend davon ab, auf eigene Faust eine Zweitkatze zu adoptieren!

Wichtig

Jede Katze ist einzigartig und jede Mensch-Katzen-Beziehung ist etwas ganz Besonderes. Was bei der einen Samtpfote super funktioniert, klappt bei anderen vielleicht gar nicht. Daher muss ich jeden einzelnen Fall individuell betrachten und die jeweiligen Lebensumstände in die Beratung mit einbeziehen.

Bei meinen hier angeführten Ratschlägen handelt es sich um allgemeine Hinweise. Sie ersetzen keine persönliche Verhaltensberatung.

23.07.2018

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