Angst bei Katzen erkennen

 

Angststörungen sind weiter verbreitet als viele Katzenhalter denken.

Sie liegen zwar bei den Verhaltensproblemen hinter Unsauberkeit, Harnmarkieren und Aggressionen, das liegt jedoch häufig daran, dass Angst bei Katzen verharmlost und hingenommen oder nicht als solche wahrgenommen wird:

 „Moritz versteckt sich immer, wenn Besuch kommt“, oder „Kira verkriecht sich immer ganz tief in ihrer Kratzbaumhöhle, wenn Trubel rundherum herrscht.“


Akute oder chronische Angst


Es wird unterschieden zwischen akuter Angst und chronischen Angstzuständen.

Als kleine Raubtiere ziehen Katzen es in der Regel vor, zu flüchten, wenn sie sich bedroht fühlen. Daher ist das Gefühl der Angst grundsätzlich etwas völlig Normales. Sie führt zu einer Stressreaktion im Körper und ist wichtig, um Reaktionen im Organismus hervorzurufen, die der Katze dabei helfen, schneller zu flüchten, um so ihr Überleben zu sichern.

Bei einer akuten Angstreaktion, z. B. vor spezifischen Geräuschen, Situationen oder einzelnen Menschen, steigt der Stresspegel kurzzeitig an. Die Katze beruhigt sich jedoch recht schnell wieder – der Organismus entspannt – wenn die „Gefahrenquelle“ verschwindet.

Belastend sind Angstzustände, die schon seit Wochen, Monaten oder sogar Jahren bestehen. Die Katze steht unter andauerndem Stress. Aus den psychischen Problemen können sich körperliche Symptome und nicht zuletzt schwere Erkrankungen entwickeln. Umgekehrt können jedoch auch Krankheiten zu Angstzuständen führen.
Wie auch wie wir Menschen haben Katzen unterschiedliche Persönlichkeiten und jede reagiert daher individuell auf belastende Situationen.

 
Katzen in der Entwicklungsphase


Hier werden schon vor der Geburt die Weichen gestellt:

Eine entspannte Katzenmutter, die unter optimalen Bedingungen lebt, keinen Gefahren ausgesetzt ist, überträgt diese Gelassenheit auf ihre Nachkommen. Auch genetische Veranlagungen spielen eine große Rolle.

Sind die Kleinen auf der Welt, folgt die entscheidende Prägephase während der ersten 6 Wochen. Haben die Babys das Glück, unter günstigen Bedingungen aufzuwachsen, erhalten sie in ihrer Entwicklung einen weiteren wichtigen Grundstein für die spätere emotionale Stabilität.

In der anschließenden Sozialisierungsphase, die nach neuesten wissenschaftlichen Studien bis zur 14. Lebenswoche andauern kann (je länger die Katzenkinder mit Mutter und Geschwistern zusammenleben, umso besser), lernen sie im Umgang mit den Artgenossen und dem Menschen, eine gesunde Frustrationsgrenze aufzubauen und sind so weniger anfällig für Stress.

Die Realität


Im echten Leben sind die Umstände in vielen Fällen alles andere als optimal. Kätzchen landen als Fundtiere mit und ohne Mutter im Tierheim. Trotz Aufklärung kommen immer noch viele ungewollte Katzen zur Welt und werden dann viel zu früh abgegeben oder gar ausgesetzt. Mit viel Glück landen die Würmchen bei liebevollen Menschen, welche die Kleinen aufpäppeln – manche einzeln, andere werden in eine Katzengruppe integriert. 


So vielschichtig das Leben der Kätzchen beginnt, so unterschiedlich entwickelt sich auch im weiteren Leben die Angst – alle Erfahrungen, sowohl in den ersten Wochen, als auch im späteren Leben, haben einen großen Einfluss darauf, wie die Katze mit ihren Ängsten umgeht.


Akute Angst (Phobie)


Viele Katzeneltern kennen diese Angst bei ihren Katzen. Klingelt es an der Tür, verschwindet Kira unterm Bett, Gipsy kann es nicht ertragen, wenn Frauchen mit Einkaufstüten nach Hause kommt – das Rascheln macht ihm Angst und er verharrt erstmal regungslos auf der Couch – beobachtet und wartet ab. Hermine springt von der Couch, sobald Frauchen den Stausauger hervorholt. Stellt sie ihn an, flüchtet sie mit angstgeweiteten Augen in Panik auf den Schrank.

Du kennst vielleicht noch weitere Beispiele, erkennst du das auch bei deinem Fellnäschen? Diese Angst lässt normalerweise nach, sobald der auslösende Reiz verschwindet und wird daher auch oft als „nicht so schlimm“ hingenommen.

Trotzdem leidet die Katze, zwar nur kurz, jedoch wird sie mit der Zeit immer schneller und öfter auf diese Ereignisse mit Rückzug reagieren.

Vielleicht ist deine Katze von der Türklingel auch nur kurz irritiert. Der Ton ist ihr unheimlich, sie flüchtet, kommt aber kurz darauf wieder zurück und zeigt keine weiteren Anzeichen der Angst. Hast du öfter Besuch, wird sich die Katze bei dieser milden Form der Angst mit der Zeit an den Klingelton gewöhnen und merken, dass nichts Schlimmes passiert.

Auch die emotional stabilsten Katzen können in Situationen geraten, die kurzfristig sehr belastend sind und Angst auslösen.

Mein Kater Tiger, der Anfang 2007 verstarb, war ein aktiver, entspannter, aufgeschlossener Kater, den selbst die Silvesterknallerei nicht schocken konnte. Sobald jedoch ein Tierarztbesuch anstand, verschwand er in die hinterste Ecke unterm Bett und in der Transportbox miaute er kläglich, bis wir in der Praxis ankamen. Nach diesem Erlebnis war er dennoch schnell wieder entspannt.

Wie viel schlimmer und oft traumatisch ist eine solche oder ähnliche Situation für eine ängstliche oder hochsensible Katze? Du kannst dir das sicher vorstellen.

Das Gute daran: Du musst das nicht hinnehmen. Du kannst deiner Katze z. B. den Transport zum Tierarzt erleichtern oder sie an Alltagsgeräusche gewöhnen. Wie das geht, zeige ich dir gerne. 

Es gibt allerdings auch Ereignisse, bei denen sich aus einer akuten Angst ein Angstzustand entwickeln kann: Nach einem traumatischen Erlebnis, an dem mehrere Katzen beteiligt sind, kann  z. B. durch eine umgerichtete Aggression bei einer sensiblen Katze eine chronische Angst entstehen. 


Chronischer Angstzustand


Traumatische Erlebnisse, fehlende Sozialisation oder schlechte Erfahrungen sind meistens die Ursachen für andauernde Angstzustände. Die Katze steht ständig unter Strom, kann nicht oder nur selten entspannen und flüchtet beim geringsten Anzeichen einer möglichen Gefahr - das Tier leidet extrem. Fühlt sie sich in die Enge gedrängt, greift sie möglicherweise auch an.

Eine Katze, die ständig unter Angst oder Anspannung steht, zeigt oft subtile  Signale, die wir nur wahrnehmen, wenn wir die Katze aufmerksam beobachten. Das setzt voraus, dass wir ihre Sprache lesen können. Erst wenn ihr der Angstauslöser zu nahe kommt, zeigt sie ihre Angst durch fauchen und angelegte Ohren deutlich.

Viele Katzen aus dem Tierschutz - mit oft unbekannter Vorgeschichte - leiden unter chronischen Angstzuständen und brauchen unbedingt unsere Hilfe. 

Bei diesen Katzen ist es keine gute Option, zu warten bis ihre Angst vielleicht von alleine verschwindet. Doch selbst wenn sie ihr ganzes Leben ängstlich  oder zurückhaltend bleiben und oft keinen körperlichen Kontakt zu Menschen wünschen, können wir ihre Lebensqualität durch einfühlsames Training immens steigern. In vielen Fällen bauen diese Tiere zu einer vertrauten Bezugsperson eine tiefe Bindung auf.


Angst vor anderen Katzen


Die zierliche, schwarze Milli liegt in einer gemütlichen Kuschelhöhle. Nur ein Öhrchen ist zu sehen. Sie scheint zu schlafen.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass sie sehr angespannt wirkt: Sie hat sich zusammengerollt, somit den empfindlichen Bauch geschützt, die Schnurrhaare eng angelegt und die Augen zusammengepresst, die Stirn wirkt angestrengt. Dieser Schlaf ist alles andere als entspannend und sie wird daraus auch nicht ausgeruht erwachen.

Was Milli zeigt, ist der so genannte Verteidigungsschlaf, ein deutliches Anzeichen von Stress, für ungeübte Augen sehr schwer zu erkennen.

Anmerkung:

Achte doch mal darauf, wenn du ein Tierheim besuchst. Dort wird natürlich versucht, passende Charaktere zusammen in einem Zimmer zu halten, aber Katzen sind Meister der Anpassung. Das wahre Wesen einer Katze entfaltet sich im Tierheim oft nicht und sehr sensible Tiere versuchen, sich mithilfe des Verteidigungsschlafs den Blicken zu entziehen, wenn sie der Situation nicht entkommen können (seh ich dich nicht, siehst du mich auch nicht).


Das Gespenst der Angst


Milli verlässt nur selten ihre sichere Höhle. Sie lebt mit einer weiteren Katze und zwei Katern zusammen, einer davon ist ihr Bruder Brummi. Bevor sie sich aus ihrem geschützten Rückzugsort wagt, versucht Milli die Lage abzuschätzen.

Wo sind die anderen? Ist die Luft wirklich rein? Bei der kleinsten Bewegung zieht sie sich sofort zurück.

Milli verlässt die Höhle, ihre Körperhaltung ist geduckt, der Kopf unter die Rückenlinie gesenkt, Vorder- und Hinterbeine sind eingeknickt, die Ohren zur Seite gelegt, die Pupillen leicht erweitert, der Schwanz verschwindet zwischen den Beinchen. Sie bewegt sich langsam, fast schleichend, hält die Umgebung ständig im Auge.

„Da! Hat sich auf dem Kratzbaum nicht etwas bewegt? Ok, das war Amy, die sich gähnend kurz gestreckt hat – puh, nochmal gut gegangen.“

Milli spürt ein dringendes Bedürfnis – sie möchte eine der Katzentoiletten aufsuchen. Ihr Pech, dass alle Klos in anderen Räumen sind und sie dafür an ihrem Bruder Brummi, dem Raufbold, vorbei muss. Als die Beiden Babys waren haben sie sich gut verstanden, aber seit Brummi im Flegelalter ist, scheint er etwas gegen sie zu haben. Er will nur noch raufen und prügeln. Für die sensible Milli einfach zu viel.

Brummi hat Milli entdeckt. Noch bevor er aufspringt, um sie zu jagen, löst sich Milli auf dem Teppichläufer und verschwindet hinter der Couch…

Kommt dir diese Szene bekannt vor? Damit bist du nicht alleine.

Chronische Angstzustände gehören zu den häufigsten Verhaltensproblemen im Mehrkatzenhaushalt!

Hast du Fragen oder suchst du Hilfe bei einem Angstproblem deiner Katze?


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